Was ist Lucid Dreaming?
Ob wir wie ein Vogel durch den Himmel fliegen oder plötzlich unsichtbar sind, in unseren Träumen ist alles möglich. Dabei denken viele von uns, dass wir nicht beeinflussen können, was genau im Traum geschieht. Ein Irrtum: Lucid Dreaming oder luzides Träumen ermöglicht uns, das Traumgeschehen selbst zu bestimmen. Doch kann jeder von uns solche Klarträume erleben? Und was genau geschieht dabei in unserem Gehirn? Wir verraten Ihnen, was hinter dem spannenden Phänomen steckt.
Was bedeutet Lucid Dreaming?
Der Erfolg des Films Inception, in dem es möglich ist, in die Träume und damit das Unterbewusstsein fremder Menschen einzusteigen, hat bewiesen, wie viele Menschen das Thema Träumen fasziniert. Wer von uns wäre nicht gerne dazu in der Lage, mitzubestimmen, wohin uns unsere Träume führen? Wir könnten uns beispielsweise Superkräfte wünschen und im Traum plötzlich fliegen oder mit Tieren sprechen. Tatsächlich ist dieses Szenario für einige von uns gar nicht so abwegig. Das Phänomen nennt sich Lucid Dreaming oder luzides Träumen. Celia Green und Charles McCreery definieren Lucid Dreaming in ihrem gleichnamigen Standardwerk als einen Zustand, in dem sich der Träumende bewusst ist, dass er gerade träumt, ohne davon aufzuwachen.
Er kann die Traumhandlung bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen und erlebt das Geschehen als intensiv und klar, weswegen Lucid Dreams auch als Klarträume bezeichnet werden.
Kann jeder Mensch luzides Träumen erlernen?
Wenn Sie selbst noch nie einen Klartraum hatten, fragen Sie sich wahrscheinlich, ob jeder Mensch dazu in der Lage ist. Die meisten von uns können sich am nächsten Morgen noch nicht einmal an die nächtlichen Träume erinnern. Während des Schlafes zu der Erkenntnis zu gelangen, dass man gerade träumt, scheint da in weiter Ferne zu liegen. Tatsächlich träumt jeder Mensch nachts. Doch nur eine Minderheit hat scheinbar „von Natur aus" die Gabe, Träume bewusst zu kontrollieren. Im Gegensatz zur Mehrheit der Träumer realisieren solche Menschen, dass sie gerade träumen, und können bestimmen, in welche Richtung sich ihr Traum weiterentwickelt. Einige behaupten sogar, dass sie im Traum die Freiheit haben, an einen anderen Ort zu reisen oder plötzlich Fähigkeiten zu nutzen, die ihnen im wachen Zustand nicht zur Verfügung stehen. Das Ganze klingt so spannend, dass sich mittlerweile viele Tipps im Internet finden, mit denen es auch dem Rest von uns möglich sein soll, das luzide Träumen zu erlernen.
Was sagt die Wissenschaft zu Klarträumen?
In der Welt der Schlafforscher ist Lucid Dreaming ein spannender Forschungsgegenstand. Doch die verschiedenen Studien zu dem Thema kommen teils zu widersprüchlichen Ergebnissen. Dies liegt mitunter an den verschiedenen Definitionen, was einen Klartraum ausmacht. Aber auch die Auswahl verschiedener Probanden spielt eine Rolle. Es gilt jedoch als gesichert, dass Klarträume hauptsächlich in der REM-Phase unseres Schlafzyklus auftreten. Schätzungsweise erleben sogar über 50 Prozent aller Erwachsenen mindestens einmal im Jahr eine Traumschlaf-Phase mit einem Klartraum. Französische Traumforscher haben außerdem herausgefunden, dass der Schlüssel zu unserer Traumerinnerung in bestimmten Hirnarealen liegt. Bei einigen Menschen sind während des Traums die Hirnareale, die für Aufmerksamkeit zuständig sind, deutlich aktiver. Daher können sich diese Menschen auch nach dem Aufwachen besser an ihre Träume erinnern.
Das Potenzial von luziden Träumen
Wenn wir Klarträume besser verstehen und kontrollieren können, eröffnen sich in Zukunft ungeahnte Möglichkeiten. So könnten wir Alpträume beispielsweise gezielt in positive Träume umwandeln und so unsere seelische Erholung fördern. Außerdem wäre es denkbar, dass luzide Träume unseren nächtlichen Schlaf effizienter machen könnten. Denn wenn wir unsere Traumhandlungen bewusst lenken können, wäre es gar nicht einmal so abwegig, dass wir bestimmte Fähigkeiten gezielt im Schlaf trainieren könnten.
Aktuell werden Forschungsprojekte durchgeführt, um mehr über das Lernen im Schlaf und die Erfolgsaussichten solcher nächtlicher Trainingseinheiten herauszufinden. Doch um klare Aussagen treffen zu können, braucht es noch weitere Forschungsarbeit.
Beeinflussen Klarträume die Schlafqualität?
Kritische Stimmen führen an, dass Klarträume möglicherweise unsere Schlafqualität negativ beeinflussen könnten. Wenn Teile unseres Unterbewusstseins wach sind, bekommen wir möglicherweise nachts nicht die benötigte Erholung. Doch mittlerweile gilt als gesichert, dass Lucid Dreaming unsere Schlafqualität nicht negativ beeinflusst. Traumphasen mit luzidem Träumen machen insgesamt nämlich nur einen Bruchteil unseres Schlafes aus. Wir verbringen schätzungsweise nur etwa fünf bis zehn Minuten pro Nacht in einem Klartraum.
Wie kann ich luzides Träumen fördern?
Der Schlüssel zum luziden Träumen liegt in der Tatsache, dass sich der Träumende bewusst macht, dass er sich gerade in einem Traum befindet. Durch verschiedene Hilfsmittel lässt sich erlernen, zu dieser Erkenntnis zu gelangen.
So stellt ein Traumtagebuch einen wichtigen ersten Schritt dar, damit Sie sich Ihrer Träume bewusst werden. Versuchen Sie ein paar Wochen lang, sich so detailliert wie möglich an Ihre Träume zu erinnern.
Eine weitere Methode, mit der Sie die Wahrscheinlichkeit eines Klartraums erhöhen können, sind sogenannte Realitätschecks. Bei dieser Technik fragen Sie sich in verschiedenen Situationen, ob Sie gerade träumen oder nicht. Dazu können Sie beispielsweise Ihre Hände betrachten, denn diese können wir in unseren Träumen meist nicht sehen. Zu versuchen, kleine Dinge an ihrer Umgebung zu verändern, wie etwa das Licht einzuschalten, ist ein weiterer Trick. Darüber hinaus sollten Sie sich bewusst fragen, wie Sie in eine gewisse Situation gekommen sind. Denn den meisten Menschen fällt es ganz besonders schwer, sich an den Anfangspunkt eines Traumes zu erinnern. Wenn Sie sich solche Gedankenspiele im Wachzustand angewöhnen, fällt es Ihnen später im Traum leichter, diese Realitätschecks durchzuführen. Eines Tages wird Ihnen dann vielleicht bewusst, dass Sie gerade träumen, und schon befinden Sie sich mitten in Ihrem ersten Klartraum!
Zusätzlich dazu hat sich auch die MILD-Technik von Stephen LaBerge als wirksames Mittel zur Initiierung von Klarträumen erwiesen. Dabei sollen Sie vor dem Schlafengehen jeden Abend das Mantra „Wenn ich träume, werde ich erkennen, dass ich träume" im Kopf aufsagen. Diese Methode ist besonders dann erfolgreich, wenn sie während einer kurzen Wachphase zwischen den Schlafzyklen angewendet wird. Es ist allerdings wichtig, danach schnell wieder einzuschlafen, da der Effekt ansonsten nicht zum Tragen kommt. Doch selbst wenn es Ihnen nicht gelingen sollte, einen luziden Traum hervorzurufen, ist das kein Beinbruch: Sie können immer noch Ihre ganz normalen Träume genießen und sich im Schlaf wunderbar erholen.